SAMMLUNG
Vom Präparat zum Modell
Exemplarisches Zwischenstadium des Modellbaus in der Dauerausstellung (Foto: Michael Markert).
Um das Innere eines menschlichen Embryos zu untersuchen, schneidet man diesen in sehr dünne Scheiben von oft 0,01 Millimeter Stärke. Angefärbt unter dem Mikroskop zeigen sich die winzigen anatomischen Strukturen. Wie ein Gefäß oder Organ im Ganzen aussieht und wie es im Körper liegt, bleibt so aber verborgen. Die Formen erstrecken sich über viele Schnitte und werden mithilfe von Modellen sichtbar gemacht. In der Zeit Blechschmidts sind diese aus Wachs und Kunststoff, während EmbryologInnen sie heute digital am Computer konstruieren.
Damals zeichnen Blechschmidts MitarbeiterInnen für jedes Modell viele Hundert Schnitte und vergrößern sie maßstabsgetreu, um sie anschließend auf Wachsplatten zu übertragen. Dann schneidet man daraus die embryonalen Strukturen und gießt die Hohlräume mit Kunststoff aus. Die aufeinander gelegten Kunststoffplatten ergeben dann wieder jene Formen, die zu Beginn der Präparation durch das Schneiden zerstört wurden. Deshalb werden die Modelle auch “Rekonstruktionen” genannt.
Damit ist die aufwändige, oft Monate dauernde Herstellung eines einzelnen Modells noch nicht abgeschlossen. Das Modellbauteam schleift die kleinen Treppchen ab und sorgt mit einem Farbanstrich für einen Überblick: Weiß für das Skelett, Gelb für das Nervensystem, Rot und Blau für die Blutgefäße, Grün für den Verdauungstrakt und ein blasses Rosa für die äußere Oberfläche. Da sich die einzelnen Teile im Körper gegenseitig verdecken, stehen in Göttingen bis zu sieben Modelle von einem Präparat. Die dreidimensionalen Rekonstruktionen finden sich als Zeichnungen in Blechschmidts Fachaufsätzen und Büchern und sind somit selbst Forschungsobjekte.